Brügge Kulturhauptstadt Europas 2002
Fast hat man Hemmungen, die feinen Tücher
und Deckchen anzufassen, doch gleichzeitig drängt es einen, die filigranen
Kunstwerke zwischen den Fingerspitzen zu fühlen. Wohin man schaut
- überall Spitzen in dem kleinen Laden im altehrwürdigen Beginenhof
in Brügge. 1245 gegründet, ist er nicht nur Heimat eines Benediktinerinnen-Ordens.
In dem idyllischen Anwesen hat auch die alte Kunst des Klöppelns
eine Heimat gefunden, die dieser Tage ebenso en vogue ist, wie Brügge
selbst. Bei beiden war das nicht immer so.
Von ihrer Gründung an war die aktuelle europäische Kulturhauptstadt
(gemeinsam mit dem spanischen Salamanca) ein blühendes Handelszentrum.
Der direkte Zugang zur Nordsee bescherte der gallo-römischen Siedlung
ihre Bedeutung - und ihren Namen, der vom altnorwegischen "bruggia",
Landungsplatz, kommt. Doch dann versandete der Weg zum Meer und Brügges
Verfall begann.
Als eingeschlafene, tote aber faszinierend mysteriöse Stadt schilderte
sie der Schriftsteller Georges Rodenbach Ende des 19. Jahrhunderts in
"Bruges la Morte". Und ausgerechnet jenes Buch setzte den Aufschwung
in Gang. Insbesondere Künstler zog die Neugier in die morbide Stadt
in Flandern, die seither Kunst und Kultur verkörpert, wie kaum eine
andere.
Die moderne ebenso wie die alte, die hier weit in die Vergangenheit zurück
reicht und in den meisten Fällen etwas mit Jan van Eyck zu tun hat.
Ihm, der einer der bedeutendsten Maler des ausgehenden Mittelalters war,
sind in der Kulturhauptstadt Brügge im Lauf des Jahres vier vielversprechende
Ausstellungen gewidmet. Die erste wird am 15. März im Groeninge-Museum
eröffnet und beschäftigt sich mit der Reiselust der altniederländischen
Maler und vor allem den Resultaten dieses geistigen Austausches. Die weiteren
Veranstaltungen beschäftigen sich unter anderem mit dem berühmten
Tafelbild auf dem Altar der St.-Bavo-Kathedrale im benachbarten Gent.
Einem ebenso faszinierenden wie sagenumwobenen Kunstwerk, das zu den Meisterwerken
abendländischer Malerei gezählt wird.
Wer nach so viel Kunst frischen Wind um die Nase sucht, der sollte den
83 Meter hohen Stadtturm am Marktplatz besteigen. Auf dem "Belfried"
mit seinem Glockenspiel aus dem 15. Jahrhundert, lockt eine Aussichtsterrasse
mit fantastischem Blick über die Stadt im Aufschwung.
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