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Kat-Segeln

Kat-Segelkurs am Gardasee

“Wer besitzt denn einen Segelschein?” fragt Richi, der Segellehrer, die angehenden Katamaransegler am Abend bei der Begrüßung. Erfreut sehe ich in der kleinen Runde meine Nachbarin an. Wenigstens deren Hand ist, so wie die meine, nicht erhoben. Doch gleich kommt die Einschränkung. “Du warst ja erst bei uns in einem Kurs”, meint Richi zu ihr und freut sich, dass er es nicht nur mit blutigen Anfängern zu tun hat. Ich habe das Gefühl, daß ich hier im Sportcamp am Gardasee in den nächsten Tagen sehr viel, sehr schnell lernen kann. Und muss, wenn ich mithalten will.

Anderntags, bei der theoretischen Einführung in die Welt der Zweirumpfflitzer, sieht die Welt schon sonniger aus. Nicht nur, weil wir auf der herrlichen Terrasse direkt am See Unterricht haben. Zunächst geht es darum, welche doch beträchtlichen Unterschiede in der Handhabung zwischen Katamaranen und Einrumpfbooten bestehen. So ist die Geschwindigkeit unserer Boote wesentlich höher und nicht nur Wenden und Halsen bedürfen einer eigenen Technik, weshalb selbst erfahrene Jollensegler einige Zeit der Umstellung benötigen. Prima, Segelneuland also für die ganze Gruppe, nicht nur für mich.

Um selbst größere Fahrfehler, die meist mit Kentern enden, vergleichsweise gelassen hinnehmen zu können, beginnt der prktische Teil des Kurses mit dem Aufstellen eines Bootes. Das notwendige Umschmeissen fällt noch recht leicht. Es wieder aufzustellen wird für meine Partnerin und mich, als ziemlich leichtgewichtiges Team und bei Flaute ohne jegliche Windunterstützung, ein rechter Kraftakt, von dem unsere traktierten Muskeln noch am Abend künden werden. Bei Wind sollte sich dies ändern. Wind! Endlich der richtige Anfängerwind. Nach all dem Vorgeplänkel aufs Wasser. Alle Schüler sind heiß darauf, über den See zu zischen. Doch eine Verzögerung steht noch bevor: Das startklar machen (Aufriggen) der Hobie-Cats.

Höchst verwirrend, was nun wann eingeschekelt wird, wo welches Schot hinkommt, was beim Segel setzen zu beachten ist. Richi erklärt alles genau und geduldig und tröstet, dass bald alles Routine werde. Fragt sich nur wann. Keine Routine ist jedenfalls das Ablegen. Doch ab jetzt kommt eine Spezialität der Segelschule von Heinz Stickl zum Tragen: Jeder Steuermann ist per Funk mit dem Lehrer verbunden. So kann dieser per Knopf im Ohr Fehler sofort korrigieren und Anweisungen für das weitere Verhalten geben. Ein erster Bewährungstest ist das Herauslotsen aus dem kleinen Hafen mit Bojen und anderen Schiffen. Dann nimmt der kleine Konvoi von vier Booten Fahrt auf.

Ganz einfach: Segel dichtholen und los geht’s. Als Vorschoter nur für das vordere Segel verantwortlich, ist Zeit das Segeln zu genießen: Bereits bei wenig Wind beginnt der Kat übers Wasser zu gleiten. Das Gefühl, federleicht auf dem Wasser zu schweben, ist genial. Bei Sonnenschein und in traumhafter Umgebung. Besser geht’s nicht. Voller Begeisterung ein kleiner Ratschlag für meine Steuerfrau bei der nächsten Halse und schon fliegen wir kopfüber vom kenternden Schiff in den etwas frischen Gardasee. Meine prustende Mitseglerin hält sich von nun an in Sachen Tipps an Coach Richi, der uns nach flotter Wende grinsend beim Aufstellen des Bootes - mit Wind diesmal leicht und problemlos - verfolgt. Genaue Fehleranalyse später an Land. Dann bin ich selbst als Steuermann an der Reihe. Zu meiner Erleichterung funktioniert das präzise Funkcoaching prima. Und das Segeln macht noch mehr Spaß, denn an der Pinne bekommt man noch viel stärker einen Eindruck vom Kat-Segeln.

Für das Großsegel und den perfekten Kurs gleichzeitig zu sorgen, bedarf einiger Konzentration. Zumal bei stärkerem Wind, wie am folgenden Tag. Mit dem Vorschoter im Trapez, der zum Gewichtsausgleich knapp über den hochspritzenden Wellen hängt, prescht der Hobie-Cat im Tiefflug über den See: Action pur. Aber auch nicht ganz ohne, denn bei einem sogenannten Stecker, bei dem das Boot mit dem Bug ins Wasser taucht, kann man durchaus mal einen Salto drehen. Aber den Kat auch ohne großartige Vorkenntnisse einigermaßen zu beherrschen ist bereits nach ein paar Tagen Kurs bei Richi und ein bißchen Mut möglich. Und wer nebenher noch etwas Theorie büffelt und sich der schriftlichen und mündlichen Prüfung unterzieht, hat nach einer Woche den Kat-Schein in der Tasche, mit dem man sich überall ein Boot ausleihen kann. Dank der sehr guten Schulung von Richi kein Problem.

Übrigens: Wer sich bei der Abschlußregtta am letzten Tag vorne plazieren will, sollte sich die Besten im Fortgeschrittenenkurs zum Vorbild nehmen und Ihnen einfach direkt hinterher Segeln.

 
 
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